Wenn einer eine Reise tut …

Abenteuerreise ins Land der Aufrichtigen (Januar 2018)

In Januar 2018 startete Wolfgang Rodig mit einer fünfzehnköpfigen Delegation zu seiner ersten Reise nach Silly, der Partnergemeinde Viernheims in Burkina Faso. Er folgte der Einladung der beiden Schulleiter Sidibe Konombo und Pazaré Nougtara, die er während eines Arbeitstreffens im September 2017 in seinem Haus beherbergte. In einem interessanten und höchst amüsanten Bericht fasst er seine nicht alltäglichen Erlebnisse zusammen.

Wolfgang Rodig. Das Abenteuer beginnt schon in Deutschland. Aufstehen um 4.30 Uhr, dann die Info: Flug via Brüssel ist gestrichen, Umbuchung auf den Flug um 14.30 via Algier, zur Kenntnis nehmen, wieder hinlegen und versuchen, noch ein paar Stunden Schlaf zu bekommen.

Ankunft am Flughafen Frankfurt – Computerausfall! Alle Passagiere werden anhand einer Liste eingecheckt. Zeitverlust 2,5 Stunden. Schlimmer aber – die Koffer können nicht durchgeroutet werden – wir sollen sie in Algier vom Band holen und wieder einchecken – und das mit einer halben Stunde Übergangszeit! Plötzlich fällt jemandem ein, dass wir kein Visum für Algerien haben! Koffer holen geht also gar nicht, wir dürfen ja nicht aus dem internationalen Bereich heraus! Ein Mitarbeiter von Air Algerie sagt uns, dass das kein Problem sei und man alles für uns regeln werde.

Dann endlich, Abflug um 17 Uhr.

In Algier gibt es tatsächlich keine Probleme, die Flughafenangestellten nehmen unsere Gepäckabschnitte, suchen unsere Koffer und laden sie gleich in das Flugzeug nach Ouagadougou um. Wir müssen sinnloserweise zwei Schritte durch den Zoll gehen, bekommen einen Stempel und gehen wieder zurück direkt zum Flugzeug nach Ouagadougou. Umsteigen in 30 Minuten hat geklappt.

Gegen Mitternacht kommen wir dann in Ouagadougou an. Ein Begrüßungskomitee mit Bürgermeister Tebi Benao und den afrikanischen Delegationsteilnehmern erwartet uns am Flughafen. Jede Menge Mücken schwirren im Flughafengebäude herum. Nächster Schreck: Zwei Kof fer fehlen, zwei falsche sind mitgekommen. Es gibt tatsächlich einen „lost-and-found-Schalter“. Dort die übliche Prozedur.

Reifenreparatur für 1,50 EUR

Am nächsten Morgen gibt’s dann ein gutes Frühstück mit Omelett im Restaurant von Ampo, das von Kathrin Rohde, besser bekannt als „Mama Tenga“, gegründet wurde. Dann Einstieg in unseren „Luxusbus mit Klimaanlage“, die leider nicht funktionierte, und ab geht’s nach Silly. Kurz nach dem Ortsausgang tanken wir nochmal und der Fahrer bemerkt, dass auf einer Seite einer der beiden Zwillingsreifen platt ist. Wir fahren die nächste Reifenwerkstatt am Straßenrand an! Diese erkennt man an ca. 20 völlig abgefahrenen LKW-Reifen, aus denen schon das Gewebe rausschaut, die vor der Werkstätte platziert sind. Drei junge Männer stürzen sich auch sofort auf unseren Bus. Alles geschieht mit reiner Muskelkraft, halb intakten Werkzeugen und im Dreck am Rand der Straße. Ein „Wagenheberlein“ wird unter den Bus geschoben und der Bus aufgebockt. Keine zusätzlichen festen Stützen oder ähnliches. Ich würde mich nicht trauen, mich im Vertrauen auf diesen Wagenheber unter den Bus zu legen. Aber er hält. Unglücklicherweise handelt es sich bei dem platten Reifen um den inneren Zwillingsreifen. Also muss zuerst der äußere weg! Die Muttern sind bestimmt seit Jahren nicht bewegt worden und dadurch festgerostet! Aber die Jungs kämpfen, drücken, ziehen und irgendwie klappt es dann und nach zwei Stunden geht es mit geflicktem Reifen weiter. Das ganze kostete 1000 FCFA, das sind 1,50 EUR. Nur noch 5 Stunden bis Silly!

Irgendwann müssen alle mal. Der Bus hält irgendwo „ in the middle of nowhere“. Alle laufen in die Büsche und suchen ein verborgenes Plätzchen. Sofort ist der Bus umringt von emsigen Verkäuferinnen. Wo kommen die nur alle her? Sesamkekse, Erdnüsse, geschälte Karotten und anderes teilweise Unbekanntes werden lautstark angeboten. Ich hätte ja gerne etwas gekauft, aber mir fehlt das notwendige Kleingeld. Schade. Dann geht’s weiter.

Nach 4 Stunden verlassen wir die asphaltierte Straße. Weiter geht es auf Sand-und Schotterwegen mit riesigen Schlaglöchern Richtung Silly. Nur noch 1 Stunde. Der Bus muss ganz schön was aushalten. Kein Wunder, dass es häufiger eine Panne gibt.

Ankunftsfeier geht an Herz

Die Ankunft in Silly ist überwältigend und geht mir richtig ans Herz. Wir fahren hunderte von Metern durch ein Spalier von Menschen, hauptsächlich Frauen in schönen, bunten Kleidern und Kindern, die uns zuwinken und singen. Die Menschen freuen sich riesig! Es ist unbeschreiblich!

Bei der Ankunft im Berufsbildungszentrum steigert sich das Ganze noch um eine Stufe. Musik- und Tanzgruppen sind zu unserer Begrüßung gekommen, natürlich auch die Mitglieder der Delegation, die uns in Viernheim besucht haben. Die Begrüßung ist sehr, sehr herzlich – man trifft alte Freunde! Unfassbar, wie diese Menschen ihre Freude zeigen. Man ist total davon gefangen genommen. Die ganze Zeremonie dauert etwa 1 Stunde, dann beziehen wir unsere Zimmer. Es gibt ein Frauenhaus und zwei Männerhäuser, alle haben Duschen, aber nicht alle haben Toiletten. Ich wohne mit Nico und Daniel in einem Haus ohne Toilette. Die ist über den Hof. Das ist vor allem nachts unangenehm, weil man mit der Taschenlampe, die man am besten im Mund hält, um die Hände frei zu haben, das ganze Ungeziefer an den Wänden und in der Luft anzieht.

Das hat mich bald auf die Idee gebracht, meinen letzten Toilettengang vor dem Zubettgehen hinter dem Toilettenhäuschen zu erledigen. Man muss sich aber vorstellen, dass es dort stockdunkel ist und man lieber ohne das Licht der Taschenlampe pinkelt, um so wenig wie möglich Ungeziefer anzuziehen. Na ja, die Idee war gut und ich stehe so da und erledige mein Geschäft, als ich plötzlich wahrnehme, dass ein großes „Etwas“ neben mir steht. Sofort gehen mir alle möglichen Gedanken durch den Kopf. Was könnte es sein – Löwe, Leopard, Schlange? Ich beschließe, mich jetzt ganz langsam zu bewegen, um das große „Etwas“ nicht zu erschrecken - schließlich hab ich ja meine Hände nicht frei. Ich drehe den Kopf in Zeitlupe und rechne mit dem Schlimmsten. Und was steht da? Ein Esel, der mir zuschaut. Puh, dieses graue Tier ist in der tiefschwarzen Nacht kaum zu sehen.

Auch in den Zimmern haben wir immer wieder viele Besucher und Mitbewohner - Fliegen, Spinnen und Mäuse. Letztere ziehen aus, wenn wir abends einziehen. Man muss nur immer darauf achten, die Koffer gut zu verschließen und -wenn möglich- nach oben zu stellen, sonst knabbern die Mäuse die mitgebrachten Nüsse und Süßigkeiten an.

Geplantes Programm konnte nie eingehalten werden

Am nächsten Morgen geht es dann nach einem Omelett-Frühstück wieder los und wir wollen unseren ehrgeizigen Besuchsplan abarbeiten- so richtig deutsch getaktet. Ich mache es kurz. An keinem Tag hat es funktioniert. Es kommt immer etwas dazwischen – ungeplante Begegnungen, der Austausch von Höflichkeiten, die notwendigen Übersetzungen in 3 Sprachen, alles dauert einfach länger als geplant. Es ist aber auch niemand böse, wenn man zu spät kommt. Ein afrikanisches Sprichwort sagt: „Ihr habt die Uhren-wir haben die Zeit!“ Das stimmt absolut. Wir besuchen Grund- und weiterführende Schulen, Krankenstationen, Dörfer, Veranstaltungen.

Projekt „Ein Kind – ein Baum“ wird gestartet

Besonders vielversprechend erscheint mir das aktuelle Projekt „Ein Kind - ein Baum“, bei dem in den nächsten Jahren von den Schülern der Grund- und weiterführenden Schulen über 10.000 Obstbäume gepflanzt werden sollen. Zunächst soll als Ergänzung zur Schulspeisung die Qualität der Ernährung der Kinder verbessert werden. Das erworbene Wissen bei der Aufzucht und Pflege der Bäume sollen die Schüler in die abgelegenen Gehöfte tragen, um auch dort Bäume zu pflanzen und die einseitige Ernährung der Bevölkerung zu verbessern. Passend dazu hatten Birte Markwort und Sabine Ruth ein weiteres Event umgesetzt. Sie hatten Fingerfarben mitgenommen und jeder Schüler einer Schulklasse aus Silly durfte dann seine farbige Hand an die Wand drücken. Die vielen Hände stellten die Blätter eines Baumes dar, passend zum Projekt „Ein Kind, ein Baum“.

Überall, wo wir hinkommen, müssen 1000 Hände geschüttelt werden - der Verbrauch an Desinfektionsmitteln ist hoch! Überall bekommen wir lebende Hühner und Ziegen geschenkt, die im oder auf dem Bus festgebunden, mitfahren – zum Schluss haben wir eine ganze Herde, die wir dem Berufsbildungszentrum schenken.

Ich könnte an dieser Stelle noch viele kleine Begebenheiten erzählen über eine Gruppe von Frauen, die über die offenen Feuer einheimische Speisen auf traditionelle Art für uns zubereitet haben, über den Besuch eines evangelischen Gottesdienstes, über meine Stippvisite bei den Familien der beiden Schulleiter in Silly und Koudougou, die beim letzten Besuch bei mir in Viernheim wohnten, über die Freude der Kinder, wenn man sie fotografiert hatte und ihnen dann die Aufnahme zeigte, über die Freude, wenn man ihnen ein Bonbon schenkte, über den Besuch im Haus des größten Weinhändlers von Burkina Faso.

Aber vielleicht hat der eine oder andere Lust bekommen, das alles Mal selbst zu erleben. Ich versichere, es wird auf jeden Fall eine unvergessliche Reise werden, die einem ständig vor Augen führt, auf welch hohem Niveau wir leben - und trotzdem oft unzufrieden sind! So viele Eindrücke, so viele herzliche Menschen, die nicht unglücklich sind in ihrer Armut und in deren Namen ich Sie alle eindringlich bitte – schenkt Ihnen Wasser. Ermöglichen Sie es FOCUS, weitere Brunnen zu bohren, damit den Menschen sauberes, unbelastetes Wasser zur Verfügung steht. Ich konnte mich mit eigenen Augen überzeugen, Ihre Spende kommt garantiert an.

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Bankverbindung: DE29 5095 1469 0003 0279 87 bei der Sparkasse Starkenburg. Stichwort: Spende Brunnen .

Bei Angabe von Name und Adresse auf der Überweisung wird Ihnen eine Zuwendungsbescheinigung (Spendenquittung) zugesandt.