2022: Besuch einer zweiköpfigen Delegation aus Burkina Faso

Intensive Arbeitsgespräche mit Abbé René Nana und Bouma Bazié

In der Zeit vom 13.09.22 bis 24.09.22 war Abbé René Nana vom Berufsbildungszentrum Silly in Viernheim zu Gast. Begleitet wurde er von Bouma Bazié, der bereits häufig als Übersetzer fungierte. Er spricht fließend Deutsch, weil er vor fast 30 Jahren eine dreijährige Ausbildung in Frankfurt absolvierte.

Hauptziel der Reise war die Abstimmung des Vorstandes beziehungsweise der einzelnen Arbeitsgruppen mit den beiden, um vergangene Projekte zu evaluieren und über geplante Projekte zu sprechen. „Wir haben die Zeit gebraucht, um intensive Gespräche über bereits laufende, aber auch über neue Projekte zu führen“, so Klaus Hofmann vom Focus-Vorstand.

Es gab zahlreiche Arbeitstreffen in einem extra dafür bereitgestellten Raum des Heimatmuseums. Den Auftakt bildete am Tag der Ankunft ein Empfang bei Bürgermeister Matthias Baaß im Ratssaal. Besonders interessant war es, aus erster Hand Berichte und Einschätzungen zur aktuellen politischen Situation in Burkina Faso zu bekommen, nachdem dort im Januar ein Putsch stattfand und das Land nun von einer Militärregierung regiert wird. Nach dem Putsch wurden alle Strukturen der öffentlichen Hand aufgelöst. Um die üblichen Angelegenheiten des privaten Lebens weiterführen zu können, wurden in allen Regionen sogenannte Sonderdelegationen eingesetzt. Diese Sonderdelegationen dürfen bis zu 50 Mitglieder umfassen. In Silly sind es 20 Personen aus den verschiedenen gesellschaftlich relevanten Gruppen. Die Repräsentanten vertreten beispielsweise die Themengebiete Gesundheit, Religionen, Frauen und Umwelt. Den größten Anteil der Sonderdelegationsmitglieder stellen die staatlichen Organisationen. Dieser Sonderdelegation steht der Präfekt vor.

Die zahlreichen terroristischen Anschläge im Norden von Burkina Faso verschärfen weiterhin die Problematik der Binnenflüchtlinge, von denen bereits viele in Viernheims Partnergemeinde Silly aufgenommen wurden. Abbe René beschreibt die Lage so: „Die Situation mit den Flüchtlingen macht Probleme, denn es fehlt häufig an Unterbringungsmöglichkeiten, aber auch Ackerland steht nur begrenzt zur Verfügung, Schulen und Gesundheitsstationen sind überfordert“.

Schwerpunktthemen der Arbeitsgespräche waren neben Abstimmungen zu einem Antrag zum Bau zweier Schulen über das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung auch Abstimmungen mit dem Kultur- und Sportamt der Stadt Viernheim zur Klimapartnerschaft.

Die Arbeitsreise konnte auch genutzt werden, um mit Abbé René die Situation des Berufsbildungszentrums (BBZ) näher zu beleuchten. Das BBZ ist nun bereits im 5. Ausbildungsjahrgang. 28 Jugendliche, 16 Mädchen und 12 Jungen, werden aktuell von neun Angestellten unterrichtet und betreut. Die Ausbildung der Jugendlichen schließt mit einem amtlichen Zertifikat ab und beinhaltet ähnlich wie die duale Ausbildung in Deutschland praktische und theoretische Phasen.

Neben dieser „klassischen Ausbildung“ finden zurzeit im BBZ zahlreiche Kurse statt. Diese schwerpunktmäßig für Frauen angebotenen Kurse werden am BBZ von der Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (GIZ) ausgerichtet. In fünf Workshops konnten Frauen und Jugendliche über mehrere Tage Formen der Weiterverarbeitung von Agrarerzeugnissen, wie z. B. die Herstellung von Karitébutter, Seife oder Säften aber auch getrocknete Früchte und Süßigkeiten erlernen. Anstatt der geplanten 175 Teilnehmer werden bis Weihnachten über 300 Frauen die Kurse am BBZ besucht haben.

Ein Wunsch von Abbé René ist es, die Ausbildungsmöglichkeiten am BBZ um die Bereiche Schlosserei, Weberei und Schreinerei sowie um den großflächigen Anbau von Maniok zu erweitern. Sehr wahrscheinlich werden demnächst Ausbildungen im Weben ermöglicht werden. Abbé René führte weiter aus, dass der Verkaufsladen überregional sehr gut angenommen wird. Aktuell ist der reichlich produzierte Honig bereits ausverkauft, weitere Produkte sind ebenfalls sehr begehrt. Hierzu zählen unter anderem die im BBZ ohne Zusatzstoffe hergestellten Seifen in fester sowie flüssiger Form sowie Körpercremes.

Abbé René konnte auch über das abgeschlossene Corona-Solidarprojekt berichten und dankte herzlich für diese wichtige Unterstützung seitens Focus und der Stadt Viernheim. Durch dieses Projekt zur Förderung des Gesundheitsschutzes und zur Verringerung der Auswirkung der Pandemie konnte medizinisches Personal geschult werden und z. B. Masken und Seife an Schulen und andere Einrichtungen verteilt werden.

Neben den Arbeitsgesprächen konnten die beiden Besucher aber auch mit Teilen des Vorstandes noch weitere Highlights erleben. So besuchten sie ein Konzert der Starkenburg Philharmoniker im Bürgerhaus Viernheim, die Klimaarena in Sinsheim, sowie den Afrikatag in Brühl. Am Freiwilligentag der Metropolregion hatten sie die Gelegenheit, in Begleitung von Bürgermeister Baaß zahlreiche Freiwilligenprojekte zu besuchen und selbst mit Hand anzulegen. Darüber hinaus nahmen sie an einer Vorstandssitzung und an einer Mitgliederversammlung des Vereins Focus teil und hatten die Gelegenheit, Mitglieder des Soroptimisten-Club Heppenheim/Bensheim persönlich kennenzulernen, die junge Mädchen aus Silly mit einem eigenen Projekt unterstützen.

Abbé René konnte zum Ende ein zufriedenes Fazit ziehen: „Das war ein schönes Gefühl, nach der [coronabedingt] langen Zeit wieder den persönlichen Kontakt fortführen zu können“.

Bouma Bazié blieb drei Wochen länger in Deutschland, um wie bei den letzten Besuchen, in Begleitung von Manfred Weidner zahlreiche Vorträge in Schulen und anderen Institutionen der Region abzuhalten. Hier berichtete er über das Alltags-Leben in Burkina Faso, die aktuelle politische Situation in Burkina Faso und die konkreten Folgen des Klimawandels für die Menschen. Dabei fragten ihn die Schülerinnen und Schüler oftmals Löcher in den Bauch.